10 | Rabbinat

Adresa: tř. Kpt. Jaroše 1839/20

Die Jüdische Gemeinde in Brünn und ihre Schicksale im Schatten des Todes.

Die im Jahre 1859 gegründete Jüdische Gemeinde von Brünn gehörte dank der Zahl ihrer Mitglieder und ihres Eigentums zu den größten und bedeutendsten Gemeinden auf dem Gebiet der Tschechoslowakei. Im Jahre 1938 zählte sie 12000 Mitglieder und verwaltete neben dem Friedhof und den Synagogen mehrere Gebäude im Stadtzentrum, das Jüdische Gymnasium in der Hybešova-Straße, das Altenheim in der Mlýnská-Straße, das Waisenhaus in der Křenová-Straße, die Volksküche in der Ponávka-Straße sowie die Sportstätte „Makkabi“ an der Brünner „Riviera“. Ihren langjährigen Sitz am Glacis (Koliště) musste sie kurz nach der Besetzung durch die Nationalsozialisten räumen, nachdem das Verwaltungsgebäude von den Besatzungsbehörden in Beschlag genommen worden war. Der letzte Sitz der Brünner Jüdischen Gemeinde war bis zu ihrer Auflösung das Haus in der Třída kapitána Jaroše Nr. 31.

Dům na tř. Kpt. Jaroše 31. Foto © VRN

Foto © VRN

Im März 1942 wurden alle jüdischen Gemeinden zu einer zentralen Gemeinde in Prag zusammengefasst, die die komplette Agenda bei der Erstellung der Listen für den Transport und Auszug der Juden aus ihren Häusern übernahm. Die Beamten der Gemeinde waren gezwungen, der deutschen Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Prag, die unmittelbar Adolf Eichmann unterstellt war, zu Willen zu sein. Da die Entscheidungen über die Form der Transporte in Prag gefällt wurden, waren die Mitarbeiter der Jüdischen Gemeinde in Brünn in den letzten Jahren ihrer Tätigkeit vor allem für die Unterbringung jüdischer Familien zuständig, die aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben worden waren.

Cedulka upomínající na zákaz vcházení do parku Lužánky pro všechny Židy během nacistické okupace. Foto 2x © Sbírka Ing. Filipa

Cedulka upomínající na zákaz vcházení do parku Lužánky pro všechny Židy během nacistické okupace. Foto 2x © Sbírka Ing. Filipa

Foto © Sbírka Ing. Filipa

Den Adressen zufolge, die bei Transporten angegeben wurden, zogen Einzelpersonen, aber auch ganze Familien hauptsächlich in Häuser in der Nähe von Synagogen und des Gemeindesitzes. In den einzelnen Wohnungen oder oftmals nur Zimmern hausten bisweilen mehrere Familien unter engsten Verhältnissen. Dieses „Ghetto ohne Stacheldraht“, mit beschränkten Ausgangszeiten und erschwerten Möglichkeiten der Beschaffung von Grundnahrungsmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs, erstreckte sich in den letzten Monaten, die den Deportationen vorausgingen, in den Straßen Křenová, Kudelova, Lidická, Mlýnská, Orlí, Ponávka, Příční, Staňkova, Střední, Špitálka, Štefánikova, Vlhká, auf dem Náměstí 28. října, in Vrchlického sad und in der Třída Kapitána Jaroše. Das tragische Schicksal der Vertreter der Jüdischen Gemeinde in Brünn, die gezwungen waren –Gefängnis und Tod beständig vor Augen – , am Verderben ihrer Glaubensbrüder und Freunde zu arbeiten, kam insbesondere bei zwei Persönlichkeiten zum Ausdruck: Dem letzten Vorsitzenden der Brünner Jüdischen Gemeinde, dem in Hodonín gebürtigen Otto König, sowie dem letzten Rabbiner Albert Schön. Beide wurden nach der Auflösung der Brünner Zweigstelle im Jahr 1942 nach Theresienstadt und von dort nach Auschwitz deportiert, wo sie ums Leben kamen.

Rabín Albert Schön. Foto © Archiv Židovské obce Brno

 Albert Schön. Foto © Archiv der Jüdischen Gemeinde Brünn